Neumarkt als Residenzstadt
Im 15. Jahrhundert war Neumarkt Residenzstadt pfälzischer Nebenlinien.
Als der rheinische Kurfürst Ruprecht III., der später auch die deutsche Königskrone erlangte, am 18. Mai 1410 starb, wurde das pfälzische Territorium unter seinen vier Söhnen aufgeteilt. Johann, der zweitälteste Sohn, erhielt die Oberpfalz, mit Ausnahme der Ämter Amberg, Kemnath, Waldeck, Nabburg, Murach, Helfenberg, Heinzburg und Rieden. Johann, der schon sechs Jahre lang Statthalter in der Oberpfalz war, wählte neben seiner Geburtsstadt Neunburg vorm Wald die Stadt Neumarkt zur Residenz und ließ hier ein neues Schloss errichten.
Mit dem Einzug des Hofstaates begann für Neumarkt eine wirtschaftliche und kulturelle Blütezeit: Nicht nur ein neues Schloss, auch die Stadtpfarrkirche St. Johannes, die Hofkirche und das Rathaus entstanden in jenen Jahren. Die Haimburg ließ Pfalzgraf Johann zu einem Jagdschloss umgestalten. In Gnadenberg stiftete er auf Anregung seiner Gattin, Katharina von Pommern, 1426 das erste Birgittenkloster Süddeutschlands.
Nur ein einziger Sohn, Christoph, überlebte seine Mutter Katharina, die bereits 1426 starb. Nach der 1439 erfolgten Absetzung seines Onkels, Erich von Pommern, wurde Christoph 24jährig zu dessen Nachfolger als skandinavischer König gewählt. Als sein Vater, Pfalzgraf Johann, 1443 in Neumarkt starb, fiel ihm dessen oberpfälzisches Erbe zu, das er von einem Statthalter verwalten ließ. Mit Christophs Tod 1448 erlosch die Linie Pfalz-Neumarkt-Neunburg, da seine Ehe kinderlos geblieben war. Die Erben waren die beiden jüngeren Brüder Johanns, wovon Stephan von Simmern-Zweibrücken seinen Erbteil an Otto I. von Mosbach veräußerte.
Im Gegensatz zu Pfalzgraf Otto I. von Mosbach, der 1461 starb, hielt sich sein Sohn, Otto II., vorwiegend in der Oberpfalz auf. Ihm gelang es 1465, die Herrschaft Wolfstein zu erwerben. Eine Vorliebe hegte Otto II. für die Wissenschaften, insbesondere für Astronomie und Mathematik. In seiner Neumarkter Residenz ließ er den sogenannten "Mathematikerturm" errichten. Um sich seinen Studien besser widmen zu können, zog er sich gegen Ende seines Lebens von den Regierungsgeschäften zurück. 1499 starb Otto II. von Mosbach in Neumarkt, wo er als einziger Pfalzgraf seine letzte Ruhestätte in der Hofkirche fand.
Mit dem Tod Ottos II. erlosch auch die Linie des Hauses Pfalz-Mosbach, und das Erbe fiel an die Kurlinie zurück. Die Wiedervereinigung der oberpfälzischen Lande bedeutete für Neumarkt einen schmerzlichen Verlust: Denn Amberg, das seit 1410 Zentrum der oberpfälzischen Besitzungen der Kurlinie war, wurde nun die Residenzstadt für die gesamte Oberpfalz.
Pfalzgraf Friedrich II. verlegt seine Residenz von Amberg nach Neumarkt und lässt hier ein neues Schloss errichten.
Noch zu Beginn des 16. Jahrhunderts war die Stadt Neumarkt an die pfälzische Linie der Wittelsbacher lediglich verpfändet. Nach dem Tode des Kurfürsten Philipp im Jahre 1508 unterblieb eine Teilung des pfälzischen Territoriums. Für die Obere Pfalz wurde eine Vereinbarung getroffen, die dem neuen Kurfürsten Ludwig V. das einst der Kurlinie anhängige Gebiet als alleinigen Besitz zusprach. Das ehemalige Neumarkter Herzogtum aber sollte ihm und seinem Bruder Friedrich II. gemeinsam gehören.
Als Statthalter für beide Territorien wurde Pfalzgraf Friedrich II. eingesetzt, der zunächst in Amberg, später jedoch in Neumarkt residierte. Von ständiger Geldnot getrieben, verbrachte er viele Jahre auf Reisen. In Neumarkt hielt er sich nachweislich nur in der Zeit um 1520, 1530 und von Februar 1533 bis 1538 auf. Als im Jahre 1520 das von Pfalzgraf Johann erbaute Schloss abbrannte, ließ er es von dem Eichstätter Baumeister Erhard Reich im Stil der Renaissance neu aufbauen. Es bestand aus vier Gebäudeflügeln mit Innenhof, die an drei Seiten von einem Wassergraben umgeben waren. Samt der prächtigen Innenausstattung durch namhafte Künstler zogen sich die Arbeiten bis 1539 hin. Auch das Zeughaus, der heutige Reitstadel, entstand in jenen Jahren.
Die Auszeichnung, wieder Residenzstadt zu sein, musste Neumarkt allerdings teuer bezahlen. Hatte Kaiser Karl V. noch 1521 die alten Rechte der nun schon seit mehr als 200 Jahren an die Wittelsbacher verpfändeten Stadt bestätigt, so verfügte er am 15. Juni 1531 die Aufhebung der Verpfändung und die erbliche Übereignung an die Pfalzgrafen - und damit den endgültigen und unwiderruflichen Verlust der Reichsfreiheit.
Friedrich II. heiratete 1535 im Alter von 52 Jahren die 15jährige Dorothea, eine Tochter des aus den drei nordischen Königreichen vertriebenen Königs Christian II. und Nichte Kaiser Karls V. Mit der Ankunft Dorotheas in Neumarkt vergrößerte sich die Hofhaltung; zahlreiche in der Nähe des Schlosses gelegene Häuser wurden vom Pfalzgrafen erworben.
Mit dem Tod seines Bruders Ludwig V. 1544 erlangte Friedrich II. die Kurwürde und siedelte nach Heidelberg über. Höher gesteckte Ziele, seinen durch die Ehe mit der Königstochter Dorothea erworbenen Anspruch auf die dänische Krone zu erheben, vermochte er jedoch auch nach jahrelangen Bemühungen niemals durchzusetzen. Dorothea kehrte nach dem Tod ihres Gatten im Jahre 1556 nach Neumarkt zurück, denn zum Unterhalt der erst 36jährigen Witwe waren ihr das Schultheißenamt Neumarkt und einige Ämter der Umgebung samt Wolfstein zugesprochen worden.