Für Kinder im Grundschulalter gelten ab dem Herbst 2026 neue Regeln. Jürgen Weber, in der Stadtverwaltung zuständig für Kinderbetreuung und Schulen, plant die Umsetzung des Gesetzes. Er ist optimistisch, dass die bis dato schon exzellente Betreuungssituation in Neumarkt noch einmal attraktiver wird. Im Interview erklärt er die Maßnahmen.
Ab dem Herbst 2026 gilt der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter. Er soll zu einer größeren Vereinbarkeit von Beruf und Familie führen. War die Neuregelung für Sie ein überraschender Schritt?
Weber: Die Entscheidung für die Ganztagsbetreuung ist letztlich nur folgerichtig. Es gibt aktuell schon die Betreuung der Kleinen von einem bis sechs Jahren in den Kinderkrippen und den Kindergärten. Diese Kinderbetreuungseinrichtungen haben oftmals auch nur drei bis vier Wochen Schließzeit im Jahr. Dann kommen die Kinder, die gerade mal sechs Jahre alt sind, in die Grundschule: Und dann ist bis dato die Betreuung vorbei. Es kommt somit für die Familien ein riesiger Schnitt, leider in einem Lebensalter der Kinder, in dem das nicht gut ist. Denn die Eltern können ihre Kinder ja nicht einen halben Tag alleine zuhause lassen. In der Grundschule ist die Ganztagsbetreuung also noch ein ganz wichtiges Thema. So gesehen ist das Gesetz wichtig. Erst nach der Grundschule spielt sie eine weniger große Rolle.
Welchen Zeitraum umfasst die geplante Ganztagsbetreuung?
Betreut wird mit der Neuregelung generell von Montag bis Freitag von 8 bis 16 Uhr - egal ob während der Unterrichts- oder der Ferienzeit. Wie die Betreuung gestaltet wird, lässt das Gesetz offen. Es sind mehrere Möglichkeiten denkbar, an denen unser Team arbeitet.
Schauen wir kurz auf den Status quo. Wie sieht die Betreuung in Neumarkt aktuell konkret aus?
Wir haben als erstes den gebundenen Ganztag an der Grundschule Bräugasse und an der Theo-Betz-Grundschule. Dort sind die Kinder von Montag bis Donnerstag von 8 bis 16 Uhr und am Freitag von 8 bis 13 Uhr in dieser Unterrichtsform. Freitagnachmittag, das hat sich herauskristallisiert, wird mit der gesetzlichen Neuregelung kein Unterricht stattfinden. Aber diese Zeit wird vom Personal, das die Kinder an den ersten vier Wochentagen von 12 bis 14 Uhr betreut, miterledigt.
Was ist das zweite Standbein?
Zur zweiten Säule der Ganztagsbetreuung gehören die Horte, wo Kinder teilweise bis 17 Uhr Betreuung haben. Dort gibt es auch schon die Möglichkeit zur Ferienbetreuung. Wir haben in Neumarkt drei Horte: einen an der Grundschule Bräugasse, einen an der Theo-Betz-Grundschule und einen momentan am Donauer-Kinderhaus. Letzterer kommt aber dann, wenn die Grundschule Woffenbach neu gebaut ist, in dieses Gebäude.
Wie sieht es mit dem dritten Betreuungsangebot, der Mittagsbetreuung, aus?
Die Mittagsbetreuung findet aktuell nur an der Grundschule Wolfstein bis 16 Uhr statt. Die werden wir mit der Gültigkeit des Rechtsanspruchs ab Herbst 2026 an jeder Grundschule bis 16 Uhr anbieten.
Die Mittagsbetreuung ist bei Eltern sehr beliebt.
Richtig. Sie ist eine bayerische Spezialität, die niederschwellig und sehr flexibel für die Eltern ist. Da kann ein Kind auch mal nicht hingehen, wenn zum Beispiel die Oma Geburtstag hat. Gerade beim gebundenen Ganztag ist das umständlicher, weil man eine Befreiung von der Schulleitung benötigen würde. Wir gehen trotz allem davon aus, dass wir bei der Mittagsbetreuung auch künftig den Bedarf decken können.
Der Ganztagsanspruch ab Herbst 2026 umfasst ja auch die Ferienbetreuung.
Ja, das wird für uns spannend. Bei der ist es nämlich egal, ob ein Kind während der Unterrichtszeit den gebundenen Ganztag, den Hort oder die Mittagsbetreuung besucht. Das Kind muss keines der drei Angebote besuchen, um eine Ferienbetreuung zu erhalten. Jedes Kind, das einen Anspruch hat, kann auch für eine Ferienbetreuung angemeldet sein.
Wie sehen ab Herbst 2026 die Pläne für die Betreuungszeiten in den Ferien aus?
In vier Ferienwochen wird es kein Angebot zur Ferienbetreuung geben. Das sind bei uns in Neumarkt zwei Wochen in den Weihnachtsferien, eine Woche in den Osterferien und eine Woche in den Pfingstferien. Im Umkehrschluss: Während der sechs Wochen Sommerferien werden bei uns die Kinder komplett betreut, ebenso während der Herbst- und Faschingsferien - und natürlich jeweils eine Woche in den Oster- und Pfingstferien.
Wie sind die Pläne der Stadt für die Ferienbetreuung? An welcher Schule starten Sie?
Mit der Ferienbetreuung beginnen wir an der Grundschule Bräugasse, weil sie viele Vorteile bietet: Sie ist Ganztagsschule und hat für das Mittagessen oder den Verzehr der mitgebrachten Brotzeit eine Mensa vor Ort. Zudem haben wir in der Bräugasse die räumlichen Voraussetzungen, weil es dort schon eine Mittagsbetreuung gibt. Die vier Räume werden zunächst einmal ausreichend sein. Nicht zuletzt eignet sich die Bräugassen-Schule aufgrund ihrer zentralen Lage dafür.
Was glauben Sie, wie viele Kinder in den Ferien betreut werden müssen?
Wir rechnen damit, dass wir irgendwann bei einer Betreuungsquote von 70 Prozent landen. Was die Ferienbetreuung anbelangt, lassen wir uns tatsächlich auch ein bisschen überraschen, weil uns die Erfahrungswerte fehlen. Was wir sicher wissen: Wir haben aktuell 1350 Kinder in den sieben Grundschulen.
Wenn der Rechtsanspruch greift, könnten dann die Plätze in Neumarkt knapp werden?
Den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung haben erst einmal die Kinder, die im Schuljahr 2026/27 eingeschult werden. Das wächst also sukzessive auf. Irgendwann wird der Platz in der Bräugassen-Schule nicht mehr ausreichen. Wir wollen dann als zweite Schule die Theo-Betz-Schule für die Ganztagsbetreuung dazu nehmen. Außerdem hätten wir noch die Weinberger Schule, die auch eine Mensa hat, als Reserve.
Wie kulant werden Sie bei den Anmeldezahlen für die unterschiedlichen Ganztags-Betreuungs-Angeboten sein?
Bei der Ferienbetreuung werden wir uns nur auf die Erstklässler beschränken. Und wir werden da ganz strikt sein und erst einmal Erfahrungen sammeln. Großzügiger werden wir bei der Mittagsbetreuung vorgehen. Wenn da ein Kind aus der zweiten, dritten oder vierten Klasse angemeldet wird, werden wir das in Kauf nehmen. Denn dann bekommen wir auf alle Fälle unsere Gruppe voll.
Das Jugendbüro macht ja schon Ferienbetreuung. Ist es eingebunden?
Wir werden aus den Erfahrungen des Jugendbüros lernen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort werden im Vorfeld unsere Mittagsbetreuerinnen schulen, weil es doch eine andere Situation ist. In der Mittagsbetreuung habe ich die längste Zeit, in der ich die Kinder betreuen muss – nämlich von 11.30 bis 15.30 Uhr. Wobei von 14 bis 15.30 Uhr die Hausaufgabenbetreuung erfolgt. In der Ferienbetreuung soll das Angebot einen Feriencharakter haben und nicht nur pädagogisch sein. Es gibt schon erste Ideen. Eine davon: Möglicherweise bieten wir in den Ferien einen Schwimmkurs über die Wasserwacht und die DLRG an. Das ist heutzutage ja ohnehin ein großes Thema.
Die Ferienbetreuung ist von Montag bis Freitag von 8 bis 16 Uhr. Braucht es da zusätzliches Personal?
Bis dato ist es so, dass die Mittagsbetreuerinnen 14 Wochen im Jahr frei haben, weil sie in den Ferien nicht arbeiten. Also acht Wochen mehr frei, als der Anspruch auf Erholungsurlaub ist. Wir suchen aktuell Freiwillige aus diesem Kreis, die sich in der Ferienbetreuung einbringen und mehr arbeiten wollen. Das wird aber höchstens ein bis zwei Jahre reichen, weil ja immer neue Jahrgänge nachkommen. Dann müssen wir uns weitere Gedanken, etwa über Ferienarbeiter, machen.
Wann müssen die Kinder für die Ferienbetreuung angemeldet werden?
Das Anmelde-Portal auf der städtischen Website werden wir ziemlich bald freischalten, zunächst für den Zeitraum der Herbstferien im November 2026. Wir brauchen ein bisschen Planungssicherheit: Wie viele Kinder kommen auf uns zu? Wie viele davon wollen essen? Was brauchen wir an Catering? Was brauchen wir an Personal, das die Kinder betreut?
Zuletzt hat die Stadt die Gebühren für die Mittagsbetreuung angehoben und ist im Vergleich mit ähnlichen Städten trotz allem immer noch sehr günstig. Wohin werden sich die Gebühren entwickeln?
Man hat es an der genannten Gebührenerhöhung für die Mittagsbetreuung gesehen: Das alles ist nicht kostendeckend zu betreiben. Die Förderung des Freistaats steigt zwar ein bisschen, aber mehr nicht. Gute Betreuungsangebote sind allerdings schon heute ein Standortfaktor. Wir erleben das immer wieder: Wenn man Menschen bewegen will, nach Neumarkt zu gehen, ist die Kinderbetreuung ein wichtiger Punkt. Die althergebrachte Vorstellung der Familie ist längst passe. Und die Wirtschaft braucht eben die gut ausgebildeten Frauen in Arbeit. Deswegen ist Ganztagsanspruch auch nur folgerichtig.
Was kann nach dem Ganztagsanspruch noch kommen?
Was wir nicht im Griff haben, sind die Arbeitgeber. Ich meine damit die Arbeitszeiten, die vor 8 Uhr beginnen und nach 16 Uhr enden. Da wäre eine Initiative der Arbeitgeber schön, eigene Einrichtungen zu schaffen. Wir schaffen es als Stadt nicht, diese Randzeiten abzudecken.